Chemotherapien

Herkömmliche (konventionelle) Chemotherapie

Die Standardtherapie bei Patienten über 65 Jahre ist eine intermittierende Behandlung (Behandlung mit Unterbrechungen) mit Melphalan und Prednison (MP). Alternativ, oder bei zunehmender Therapieresistenz, werden Kombinationsschemata (z.B. das VAD-Schema: Vincristin, Adriamycin und Dexamethason) eingesetzt. Diese Kombinationstherapien weisen jedoch eine höhere Toxizität auf, ohne die Prognose wesentlich zu verbessern. Steroide sind eine weitere Therapiealternative und kommen z B. in Form einer hochdosierten Dexamethason-Monotherapie zur Anwendung.

Die Behandlung mit MP oder BP erreicht bei über 65jährigen Patienten initial eine Ansprechrate von 50-60% und im Median (Mittel) eine Lebensverlängerung um etwa 3 Jahre. Komplettremissionen wurden seltener als in 5% der Fälle gesehen. Kombinationstherapien wie VAD oder ähnliche Regime erzielen eine Remissionsrate von 60-80%; in den meisten Fällen schon nach dem 2. Therapiezyklus. Hier sind Komplettremissionen bis zu 10% belegt – jedoch ist im Vergleich zu MP ein Überlebensvorteil nicht sicher dokumentiert.

Neue Substanzen

Neben den bereits seit vielen Jahren bekannten Therapien mit Chemotherapeutika und Kortisonpräparaten, sind neue Substanzen entwickelt worden. Das Thalidomid und Abkömmlinge wie Lenalidomid (Revlimid) sowie Proteasominhibitoren wie das Bortezomib (Velcade). Der Vorteil dieser Substanzen ist, dass sie wirksamer sind und weniger Nebenwirkungen verursachen. Das Nebenwirkungsspektrum ist auch anders, insbesondere sind Nervenschmerzen und Verstopfung ein Problem.

Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation

Die Hochdosis-Chemotherapie ist eine Therapie mit stark gesteigerter Medikamentdosis, meist hochdosiertem Melphalan. Mit einer Hochdosis-Chemotherapie und Stammzelltransplantation (bei Patienten unter 65 Jahre) sind höhere Ansprechraten (24 – 75% komplette Remission bei Erstlinienbehandlung) und längere Überlebenszeiten (4-5 Jahre) erreichbar. Eine Metaanalyse ergab, dass die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie die Ansprechrate sowie das mediane Überleben signifikant verbessert.

Die Hochdosis-Chemotherapie greift im Gegensatz zu der herkömmlichen Chemotherapie die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark stärker an. Da der Körper nach der Hochdosis-Chemotherapie die zerstörten Blutzellen nicht selber bilden kann, ist eine Transplantation von gesunden Stammzellen notwendig. Diese ersetzen dann die körpereigenen blutbildenden Zellen.

Die Stammzellen können vor der Hochdosistherapie vom Patienten selber entnommen werden (autologe Transplantation) oder von einem Fremdspender stammen (allogene Transplantation). Die Spenderzellen bei einer Fremdspende müssen im sogennanten HLA-System identisch mit dem Empfänger sein, damit es nicht zu Abwehrreaktionen kommt. Im Gegensatz zur autologen Transplantation, bei der die behandlungsassoziierte Mortalität (Sterberate) gering ist (unter 5%), stellt die allogene Transplantation eine Therapie mit hohem Risiko dar. Allerdings besteht durch den sogenannten Graft-versus-Myeloma Effekt eine kurative Heilungschance. Das bedeutet, dass das Knochenmark des Spenders gegen die Myelomzellen reagiert und diese vollständig auslöschen, somit eine Heilung ermöglich kann. Dieser Vorteil muss gegenüber der erhöhten behandlungsassoziierten Mortalität von ca. 15-30% abgewogen werden. Die grösste Gefahr dabei ist das Auftreten der sogenannten Graft-versus-Host Krankheit und das gehäufte Auftreten von schwerwiegenden Infektionen. Seit einigen Jahren ist eine allogene Transplantation mit geringerer Toxizität als weiterer Ansatz möglich («mini-allogene Transplantation»). Die allogene Stammzelltransplantation ist eine Behandlung mit Zellen einer anderen Person. Sie kann zusätzliche Komplikationen verursachen und wird deshalb nur gezielt eingesetzt.

Heute ist die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation die Standardtherapie bei jüngeren Patienten mit symptomatischem Multiplem Myelom. Bei Patienten mit ungünstigen prognostischen Faktoren (speziellen Chromosomenveränderungen, hohes ß2-Microglobulin) sollte zu einem frühen Zeitpunkt die Möglichkeit einer allogenen Stammzelltransplantation geprüft werden.